F.A.Q.
In diesem FAQ versuchen wir wesentliche Fragen zu beantworten, die immer wieder im Rahmen von Diskussionen um das Grundauskommen aufkommen. Es wird stetig erweitert, es lohnt sich also später noch mal vorbeizuschauen.
Was sind die Hauptkriterien eines Grundauskommens?
Wollt ihr, das die Menschen in einer Welt ohne Geld plötzlich wieder Röcke gegen Brot tauschen?
Muss den Menschen ein Leben ohne Arbeit nicht unwürdig erscheinen?
Warum sollten Leute für andere arbeiten, wenn die nur faul abhängen wollen?
Läuft das GA nicht auf Chaos und Anarchie hinaus?
Kann es ein Grundauskommen auch mit Geld geben?
Wäre es nicht einfacher und ausreichend ein Grundeinkommen zu fordern?
Warum fordert ihr nicht lieber 'Luxus für alle'?
Was sind die Hauptkriterien eines Grundauskommens?
Das, was jeder Mensch braucht, um am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen, soll er auch kriegen. Allen steht ein vergleichbarer Zugang zu gesellschaftlichen Ressourcen und Entscheidungsmöglichkeiten zu. Fehlt dieser Zugang, fehlt es an unabdingbaren Möglichkeiten: Die Einzelnen müssen gegenüber der Gesellschaft und ihren Ansprüchen gestärkt werden, um ihnen als autonomes Individuum widerstehen zu können. Sie gehören tatsächlich individuiert, um gesellschaftlich auf freier und gleicher Ebene miteinander kooperieren zu können. Und das auch ganz materiell: Niemand darf darben, nur weil er andere Vorstellungen vom gesellschaftlichen Miteinander hat und sich vielleicht der einen oder anderen Vereinbarung entziehen möchte.
Was dann auch heißt: Die Bereitschaft zur Übernahme konkreter Tätigkeiten darf nicht die Voraussetzung für die Teilhabe am gesellschaftlichen Miteinander sein. Jegliche Arbeitspflicht widerspricht diesem Anspruch eines freien und gleichen Zusammenlebens.
Diese Vorstellung unterscheidet sich wesentlich von den in der bürgerlichen Gesellschaft üblichen Begriffen von individueller Freiheit und gleichschaltender Kollektivität. Dort nämlich wird Freiheit immer als Unabhängigkeit des Menschen von der jeweiligen Gesellschaft gedacht. Genau wie analog Kollektivität als Auslöschung jeder persönlichen Regung praktiziert wird. Bei der hier vorgestellten Form geht es jedoch um die bewusste gesellschaftliche Kooperation von Individuen, die damit ihre Gesellschaftlichkeit ihrem bewussten Willen unterordnen.
Dabei ist etwa der bürgerliche Freiheitsbegriff immer auch eine idealistische Konstruktion, der mit der Realität in der Gesellschaft nicht viel zu tun hat. Denn real sind die Individuen gerade hier von der Gesellschaft als ganzer abhängig.
Wollt ihr, das die Menschen in einer Welt ohne Geld plötzlich wieder Röcke gegen Brot tauschen?
Nein, natürlich nicht. Das wäre tatsächlich etwas unpraktisch. Das Problem liegt vielmehr bereits im Prinzip des Tausches selber. Denn hier werden völlig unvereinbare und verschiedene Dinge miteinander gleichgesetzt – und damit ihre jeweiligen Besonderheit beraubt. Genauso wie davon abgesehen wird, in welcher individuellen Lage die jeweils Tauschenden sich befinden. Wenn aber alles persönliche ausgelöscht wird und nur noch die abstrakte Gleichheit übrigbleibt, dann kann es auch schlechterdings nicht mehr um die Sorgen und Bedürfnisse der Menschen gehen.
Um es deutlich zu machen: es geht nicht darum, geldvermittelten Tausch durch direkten Gütertausch zu ersetzen. Es geht darum, das Prinzip „Tausch“ selber zu überwinden. Statt zu tauschen müsste es darum gehen, dass die Menschen bewusste Absprachen darüber treffen, wie sie mit ihren Bedürfnissen und Möglichkeiten umgehen wollen. Dazu braucht es dann selbstverständlich neue Strukturen, die es zunächst auszuprobieren und zu entwickeln gilt.
Muss den Menschen ein Leben ohne Arbeit nicht unwürdig erscheinen?
Nein, warum sollte es? Sicher, in der heutigen Gesellschaft gehen wir davon aus, das erst die Arbeit den Menschen zum Menschen macht. Das war lange Zeit anders. Bei den alten Griechen etwa galt Arbeit ebenso sehr als etwas, dem der Mensch sich möglichst entziehen sollte wie noch im vor-protestantischen Mittelalter, in dem Arbeit als Strafe für die Vertreibung aus dem Paradies galt und deshalb nicht besonders hoch angesehen war. Überhaupt waren die Lebens- und Arbeitsstrukturen sehr vielschichtig und das Leben weniger von der Arbeit geprägt, als dies im oberflächlichen historischen Rückblick erscheint oder wie es für die heutige Gesellschaft selbstverständlich ist.
Erst mit der heraufkommenden Neuzeit, der Industrialisierung und dem protestantischen Christentum änderte sich das. Luther und Calvin predigten Arbeit um ihrer selbst Willen, wenn sie auch weiterhin als Plage galt: über die Arbeit konnten sich die Menschen als auserwählte Individuen bestätigen (Calvin) und sollten in ihrer Arbeit der göttlichen Berufung nachkommen (Luther).
Die aus dem Boden schießenden Fabriken und die sie bedingende kapitalistische Ökonomie brachten erstmals in der Lebensrealität der Menschen etwas, was diese bis dato gar nicht kannten: Arbeit um der Arbeit willen: als Selbstzweck. Das gesellschaftliche Ziel wurde plötzlich aus einem Taler zwei zu machen und der sinnlich erfahrbare oder soziale Zusammenhang konnte über die Jahre und Jahrzehnte diesem hohlen Zweck untergeordnet werden. Mit ihr wurde dann auch eine wesentliche Neudefinition der Arbeit vorgenommen: plötzlich gilt sie nicht mehr als Plage, sondern als Segen. Sie war nicht mehr unliebsamer Zwang, sondern Möglichkeit zur Selbstverwirklichung – auch wenn die realen Arbeitsverhältnisse dem in aller Regel Hohn sprechen.
Darüber hinaus lässt sich auch feststellen, dass die Zeit, die Menschen in anderen geschichtlichen Epochen für Tätigkeiten aufgebracht haben, die wir heute als „Arbeit“ bezeichnen würden, meist so lang gar nicht war. Es gibt ethnologische Studien, die für traditionelle Gesellschaften in Afrika und Australien „Arbeitszeiten“ von zwischen 2 und 5 Stunden pro Tag festgestellt haben. Auch für das Mittelalter lassen sich faszinierende Zahlen finden: Im „ancien régime“ im Frankreich hatte als ein Drittel Feiertage, in England war es etwas weniger und für das Gebiet des heutigen Spanien wird die Anzahl der Feiertage auf 5 Monate geschätzt. Das hängt sicherlich auch damit zusammen, das beispielsweise im Winter häufig nicht gearbeitet werden konnte. Aber trotz allem verweisen die Zahlen darauf, dass auch mit einer geringeren gesellschaftlichen Arbeitszeit das Leben sichergestellt werden konnte.
Das heißt nun nicht, das in den geschilderten Gesellschaftsepochen alles toll gewesen wäre. In Griechenland etwa war die Nicht-Arbeit der Philosophen nur durch massive Sklavenarbeit möglich. Aber selbst dieser Fakt zeigt noch, dass es keineswegs „normal“ ist, Arbeit als sinnstiftenden Lebensmittelpunkt eines jeden Menschen zu begreifen.
Es geht bei der Tätigkeit, wie sie sich in einer Grundauskommensgesellschaft wiederfinden würde, gar nicht um Arbeit. Hier wäre nicht mehr der Zwang, unter fremdbestimmten Bedingungen einfach nur irgendetwas zu tun, vorherrschend. Es ginge vielmehr um einen vielseitiges Wechselspiel von produktiver Muße und kreativem, selbstbestimmtem Tätigsein.
Warum sollten Leute für andere arbeiten, wenn die nur faul abhängen wollen?
Was genau ist eigentlich „faul rumhängen“? Sicherlich gibt es viele Tätigkeiten, die heutzutage nicht als sinnvoll gelten. Aber wodurch unterscheidet sich die anerkannte Tätigkeit der Entertainerin im Kabelfernsehen von der Unterhaltung, die die Jonglage-Einlagen der vermeintlichen Faulenzerin den Besucherinnen im Park verschafft? Was ist mit den netten Plaudereien, die mir Freude machen und ohne die ich wohl kaum leben könnte?
Letztlich muss sich ein Mensch schon ziemlich aus allem zurückziehen, wenn wir wirklich unterstellen wollen, das er keinen Beitrag zum gesellschaftlichen Miteinander liefert. Ganz grundsätzlich hat auch hierzu gelten, das niemensch unter die Räder zu kommen hat. Dies ist ein ganz grundsätzlicher, zivilisatorischer Anspruch, hinter den eine Grundauskommens-Gesellschaft nicht zurückgehen können wird. Aber wir können getrost unterstellen, dass der Mensch, auch wenn er gerade nichts tut, grundsätzlich schon seinen Beitrag zur Gesellschaft leistet.
Die Vorstellung von dem, was „Leistung“ sein soll und was als „Arbeit“ anerkannt wird, ist jedoch keine Frage von Definitionen, sondern von realer gesellschaftlichem Handeln. In der Arbeits- und Leistungsgesellschaft wird nur anerkannt, was den Zielen dieser Gesellschaft dient: was nämlich die blinde Reichtumsvermehrung voranbringt und dem Prinzip von Arbeit um ihrer selbst Willen gesamtgesellschaftlich entspricht. Hier geht es darum, Menschen unter die Anforderungen einer abstrakten gesellschaftlichen Maschine unterzuordnen. Und darum macht es schlichtweg keinen Sinn, sich positiv darauf zu beziehen.
Läuft das GA nicht auf Chaos und Anarchie hinaus?
Es gibt bestimmte gesellschaftlich notwendige Aufgaben, die in irgend einer Form koordiniert werden müssen. Bislang läuft diese Koordination über Markt und Staat. Beide Formen der Koordination haben gemeinsam, dass die Einzelnen keinen wirklichen Einfluss auf das haben, was passiert. Wenn sie wegfallen, braucht es neue Formen von Koordination und Kooperation.
Diese sollten sich daran orientieren, dass alle Menschen Zugriff auf gesellschaftliche Entscheidungsprozesse haben, tatsächlich alle Entscheidungen veränderbar sind und die Einflussmöglichkeiten aller vergleichbar sind. Diese Prozesse müssten willentliche und bewusste sein. Das unterscheidet sie von marktvermittelten Prozessen. Selbstverständlich treten auch die MarktteilnehmerInnen mit einem bestimmten Interesse auf und handeln entsprechend mit einem bestimmten Willen. Aber das, was als Ergebnis vieler einzelner Handlungen herauskommt, war doch von niemanden der Beteiligten genau so gewollt und beabsichtigt. Darum lässt sich sagen, dass das Ergebnis von Marktprozessen ohne den Willen der Menschen zustande kommt.
In einem bewussten Prozess würde sich das verkehren. Und das bedeutet auch für die Frage von Chaos und Anarchie sogar das Gegenteil dessen, was die Frage suggeriert: Während marktvermittelte Prozesse zu im vornherein weder geplanten noch gewünschten Ergebnissen führen, wäre die „Anarchie des Marktes“ endlich durch vernünftiges und selbstbewusstes Handeln der Menschen ersetzt.
Andersherum ließe sich allerdings davon sprechen, dass die Grundauskommens-Gesellschaft eine anarchistische wäre. Anarchistisch, weil sie darauf aus ist, Herrschaftsverhältnisse abzubauen und selbstbestimmte und gleichberechtigte Einflussmöglichkeiten zu schaffen. Diese könnten von den Menschen selbst strukturiert werden. Und nichts anderes bedeutet Anarchie: Die Aufhebung von Herrschaft. Niemand soll über den anderen herrschen können, einzigst die Menschen sollen die Macht über ihre eigene Gesellschaftlichkeit zurück erlangen.
Eine möglichst herrschaftsfreie Organisation gesellschaftlicher Teilhabe ist jedoch nicht notwendig eine chaotische: Organisierung muss nicht notwendigerweise herrschaftsförmig sein. In einer Grundauskommensgesellschaft wäre es ein Kriterium jeder Organisationsstruktur, dass sie keine Ausschlüsse, Hierarchien oder über den Köpfen der Menschen ablaufende Automatismen hervorbringen darf.
Kann es ein Grundauskommen auch mit Geld geben?
Die gängige Art, ein Grundauskommen zu fordern, ist tatsächlich eine mit Geld. Es ist nämlich die Forderung nach dem Grundeinkommen. Das wundert nicht. Schließlich ist Geld das zentrale Vermittlungsmedium, um das sich in der modernen Gesellschaft alles dreht.
Die diversen Grundeinkommens-Modelle, die derzeit auf dem politischen und akademischen Markt gehandelt werden, entsprechen jedoch nicht immer und oft auch nur zum Teil den Kriterien eines Grundauskommens, obwohl sie meist selbst von dem gleichen Anspruch ausgehen. Dazu kommt, dass sie irgendwie finanziert werden müssen, das Geld irgendwie in der globalen Konkurrenz erwirtschaftet werden muss. Das bringt in aller Regel eine Vielzahl anti-emanzipatorischer Nebenwirkungen mit sich. Die schlichte Tatsache etwa, dass der Erfolg der einen in der Konkurrenz auch immer den Misserfolg der anderen beinhaltet. Es also Leute geben muss denen es schlechter geht, solange es den Geld-BezieherInnen gut gehen soll.
Dazu kommt, das Geld nicht einfach nur ein neutrales Vermittlungsmedium ist, sondern darüber hinaus dem menschlichen Handeln auch Grenzen auferlegt. Wer sich auf das Geld bezieht, wird letztlich auch immer durch das Geld beschränkt. Es lässt sich nur umsetzen, was finanzierbar ist. Und nicht, was aufgrund der Fülle von Dingen des täglichen Bedarfs machbar wäre. Und überhaupt bleibt die Forderung stets darauf verwiesen, dass die heimische Nationalökonomie auf dem Weltmarkt erfolgreich andere Standorte zu Boden zu konkurriert. Mit allem, was im Zweifelsfall dazugehört: die Grenzen abschotten, Bomben werfen und sich nicht so sehr um die ökologischen Rahmenbedingungen kümmern.
Wäre es nicht einfacher und ausreichend, ein Grundeinkommen zu fordern?
Auf den ersten Blick erscheint das Grundeinkommen als wesentlich lebensnähere, wenig utopische und deshalb besser umsetzbare Forderung als die doch recht abstrakte Forderung nach einem Grundauskommen. Insofern scheint es zunächst „realistischer“, ein Grundeinkommen zu fordern.
Auf einer anderen Ebene stellt sich allerdings heraus, dass das Grundeinkommen durchaus auch so seine Probleme hat: da es sich auf das Geld als Vermittlungsmedium und den Staat als Garantie-Instanz bezieht, wird es auch durch diese beiden Voraussetzungen beschränkt. Hier lässt sich nur umsetzen, was finanzierbar ist. Und nicht, was aufgrund der Fülle von Dingen des täglichen Bedarfs machbar wäre. Und überhaupt bleibt die Forderung stets darauf verwiesen, das die heimische Nationalökonomie auf dem Weltmarkt erfolgreich andere Standorte zu Boden zu konkurriert. Mit allem, was im Zweifelsfall dazugehört: die Grenzen abschotten, Bomben werfen und sich nicht so sehr um die ökologischen Rahmenbedingungen kümmern. Auf dieser Ebene ist die Forderung nach einem monetären Grundeinkommen tatsächlich unrealistischer als die nach einem Grundauskommen.
Das zeigt sich schon daran, das die Möglich- und Notwendigkeit eines Grundeinkommens stets über die stoffliche Machbarkeit hergeleitet wird. Was auch selbst von GegnerInnen dieser Idee in aller Regel niemals bestritten wird. Umstritten ist dann aber grundsätzlich der konkrete monetäre Umsetzungsvorschlag. Hier wird bereits deutlich, das dies so einfach nicht ist, wie wir häufig zu glauben geneigt sind.
Warum fordert ihr nicht lieber 'Luxus für alle'?
Das Grundauskommen bedeutet letztlich Luxus für alle zu fordern. Denn schließlich soll es ja für alle eine maximale Zugriffsmöglichkeit auf den gesellschaftlichen Reichtum geben. Der Begriff Luxus macht in einer solchen Situation allerdings nur in der historischen Perspektive Sinn: Luxus ist das, was die Menschen haben, lediglich im Vergleich zur Vorgeschichte. Innerhalb dieser Gesellschaft macht der Begriff hingegen keinen Sinn mehr, da es Luxus per Definition nur in Abgrenzung von Nicht-Luxus gibt. Wenn allen aber der besagte vergleichbare Zugang zum gesellschaftlichen Reichtum zusteht, dann kann dieser aber nur schwerlich als Luxus bezeichnet werden.
Dazu kommt, dass wir nicht wissen, wie eine emanzipierte Gesellschaft von Freien und Gleichen en detail organisiert sein wird. Vielleicht gibt es tatsächlich soziale Zusammenschlüsse, denen bestimmte Standards gleichgültig sind, weil sie statt die zu garantieren lieber am Baggersee chillen gehen. In anderen sozialen Zusammenschlüssen ist das dann vielleicht anders. Ein schönes Beispiel ist hier das vom Kloputzen: in der einen WG ist die Toilette sauberer, dafür muss aber auch öfter geputzt werden. Den Menschen die dort wohnen ist es das „wert“. In anderen WGs ist die Toilette weniger sauber – die Menschen die dort wohnen verbringen ihre Zeit lieber mit anderen Dingen. Was ja auch okay ist. Aber im Namen eines abstrakten „Luxus“ die BewohnerInnen der sauberen WGs nun zu verpflichten, das sie auch in den anderen WGs regelmäßig kloputzen sollen (damit auch alle den Luxus einer blinkenden Toilette genießen können), wäre offensichtlich vermessen.